Dienstag, 18. November 2008

Bolivianische Kuriositäten

Vom Coach angeregt, hab auch ich für euch mal eine Liste bolivianscher Kuriositäten zusammengestellt. Ihr werdet merken, dass sich China und Bolivien gar nicht so stark unterscheiden:
  • Ich hätte kein Problem mit weissen, geplegten Zähnen. Aber Leute mit Zähnen erschrecken mich.
  • Beim Chinesen gibt es neben dem deutschen Restaurant Reineke Fuchs das beste Essen. Wenn du bolivianisches Essen ausprobierst, kannst du z.B. Sachen bekommen, die aussehen wie Lamaschamhaare.
  • Spaghetti isst man mit Sosse. Das ist aber italienisches Essen. In Bolivien wurde die Sosse noch nicht erfunden.
  • Auch wenn du mit 25 Leuten beim Essen bist, geht der Kellner davon aus, dass einer bezahlt. Nach zwei Stunden habens dann alle geschafft, ihr Geld auf das Tablett zu legen.
  • Bier trinken ist hier keine Halbe Sache und auch keine Mass. Du bekommst Flaschen mit 0,620 Litern.
  • Niemand denkt sich etwas dabei, wenn gut verdienende Leute Sonntag vormittag hackedicht auf einem Markt auftauchen. Schliesslich ist betrunken sein in Bolivien Volkssport.
  • Du denkst noch immer, wenn der Taxifahrer eine unbekannte Route fährt, dass du abgestochen werden könntest. Ist ja auch letztes Jahr fast jemandem passiert.
  • Bushaltestellen gibt es in Bolivien nicht. Du steigtst ein und aus, wo du willst. Dann darf trotzdem hinter dir die ganze Strasse dauerhupen.
  • Es gibt eine Strassenverkehrsordnung. Aber Polizisten wollen schliesslich auch zusätzlich etwas verdienen. Es gibt also keine Strassenverkehrsordnung.
  • La Paz hat viele Ampeln, die man gar nicht bräuchte. Es gibt an jeder Kreuzung einen Polizisten, der den Verkehr regelt. Wenn ich es mir recht überlege, bräuchte man vielleicht die Polizisten nicht.
  • Tischmanieren brauchst du hier nicht. Wenn du das Essen siehst, vergisst du dass du Hunger hattest.
  • Da du Deutscher bist, wirfst du deinen Müll in den Mülleimer. Die Mülleimer sind nur für Deutsche gemacht.
  • La Paz hat ein wunderschönes, grosses, bezugsfertiges olympisches Schwimmstadion. Durch Korruption von Seiten der Verantwortlichen weist es Baumängel auf, ist einsturzgefährdet und darf nicht benutzt werden.
  • Auch hier wirft man seinen Müll auf die Strasse. Und verbrennt ihn dann.
  • Ich habe rausgefunden, warum im Stadion immer Polizisten mit Schutzschilden die Schiris beschützen. Sie wollen sich mit den Fans prügeln. Die Spieler übrigens auch.
  • "Soy el pueblo y la revolucion." - "Ich bin das Volk und die Revolution." ist keine kubanische Auslandswerbung für Fidel Castro. Evo Morales hat bei seiner Wiederwahl 64% der Stimmen geholt.
  • Der Telekommunikationskonzern Entel wurde erst 2002 privatisiert. Und sechs Jahre reichen auch, hat sich Evo gedacht und ihn wieder verstaatlicht.
  • Dieses Land ist weltoffen und modern. Ausländer zahlen in Museen 50% mehr als Bolivianer.
  • Bolivien ist fortschrittlich. Man hat keine Todesstrafe. Dafür ist Lynchjustiz immer wieder in Mode.
  • Rassismus gibt es hier nicht. Ein weisser Europäer muss dem indigenen Türsteher seinen Ausweis nicht zeigen. Bolivianer schon.
  • Nur sehr wenige Bolivianer rauchen. Der Zigarettenpreis (20 Zigaretten) liegt bei 0,68 Euro.
  • Blonde Europäerinnen stürzen den Taxipreis in ungeahnte Tiefen.
  • Gut, dass ich heute gesehen habe, dass Strassenhunde gerne auf der Strasse an Bananen pinkeln. Schlecht, dass ich mir erst gestern welche gekauft habe.

Das wars schon wieder, aber ne Fortsetzung folgt sicher...

An dieser Stelle noch einmal die Erinnerung, dass das Copyright beim Coach (www.coachinchina.blogspot.com) liegt.

Sonntag, 16. November 2008

"James Bond 007 - Quantum of Solace" in La Paz

Nur kurz ein Kommentar zu dem Film:
Vergesst, wie La Paz dort dargestellt ist! In Chile gedreht, hat diese versiffte Stadt im Film wenig mit dem richtigen La Paz zu tun. Angefangen bei dem Flughafen (ähnelt in keinster Weise dem in El Alto) bis hin zu dem Polizisten oder den total versifften Strassen, wo z.B. ein Polizist am linken Bildrand einen oberkörperfreien Hispano abführt.
Bei den Szenen am Flughafen und mit den Polizisten hat das ganze Kino zu lachen angefangen, ich glaube das reicht als Erklärung^^
Trotzdem viel Spass bei dem mal wieder etwas anderen Bond!
Mfg Fidel

Donnerstag, 13. November 2008

Sorata und ein Drittel meiner Zeit in Bolivien ist (leider) schon wieder vorbei...

Servus nach Deutschland,
ich lass endlich wieder was von mir hören!
Es ist viel passiert in letzter Zeit. Vor allem freizeitmässig war das Wochenende an Allerheiligen ein echter Hammer. Durch den Feiertag am Sonntag hatten wir auch den Montag darauf noch frei, also haben wir das verlängerte Wochenende genutzt, um mal wieder wegzufahren. Diesmal gings ins Grüne, Sorata, dreieinhalb Stunden von La Paz entfernt. Schon am Morgen, als wir fahren wollten bekamen wir allerdings den ersten Schock, Sebi und ich hatten uns entschieden (um ausschlafen zu können) erst am 10 Uhr vormittags nach Sorata aufzubrechen, die meisten anderen sind schon um 8 Uhr weg, einige auch schon am Samstag. Kaum dass wir aus dem Haus raus waren, bekamen wir die SMS von Julia, dass die letzten Busse nach Sorata schon abgefahren seien. Was interessiert das zwei echte Abenteurer, dachten uns Sebi und ich, fuhren trotzdem zum Cementerio (Friedhof, dort fahren alle Minibusse in die nähere Umgebung von La Paz ab) und wurden tatsächlich noch mit einem Bus nach Sorata belohnt. Zuvor machten wir noch einen Abstecher auf den Friedhof, um uns die Allerheiligenfeierlichkeiten anzusehen, die hier nach Aussagen von vielen Bolivianern sehr wüst ausfallen. In La Paz wurden wir aber enttäuscht, alles ging sehr gesittet zu, Polizisten kontrollierten am Eingang die Taschen auf Alkohol und im Grunde gab es keine grossen Unterschiede zu Deutschland, zumindest nicht hier in La Paz...

Schon die Busfahrt (mit einer Stunde Verspätung) wurde zum Erlebnis mit einem sehr gestressten jungen Busfahrer, der als erstes schon mal über unsere Namen lachen musste, als wir uns in die Passagierliste eintrugen und dann grosse Augen machte, dass die beiden Grössten im Bus die zwei Plätze vorne beim Fahrer reserviert hatten, wo am wenigsten Platz war. Die ganze Fahrt über war er dann am Essen (weil er nach eigener Aussage solchen Hunger hatte), am Trinken (weil er solchen Durst hatte) und ermahnte Sebi, nicht neben im zu schlafen (weil er so müde war). Gegen Ende der Fahrt hatte er wohl den Grossteil der Einnahmen in Essen und Trinken investiert. Die Landschaft war schon während der Fahrt atemberaubend schön, beispielsweise als wir La Cumbre, einen Pass auf 4700 m Höhe überquerten und schon durch die Wolken zu fahren schienen.

In Sorata angekommen, mussten wir uns erst mal nach einem Hostal umsehen, fanden dann auch ein billiges, in dem auch schon ein Teil der anderen Voluntäre untergekommen war. Den Rest des Nachmittags ging es dann runter ins Tal, zuerst war Baden geplant, was aber dann ausfiel, weil der Fluss zu klein und das Wasser zu kalt war. Den Rest der Zeit bis zum Abendessen nutzten wir dann zu einer Wanderung den Fluss hinab.

Unsere Wandergruppe nach dem Fussmarsch am Fluss entlang.

Dazu muss man sagen, dass Sorata an einem Berghang in den Yungas liegt, also am Übergang zwischen trockenem Hoch- und tropisch feuchten Tiefland. Das Klima war also schon tropisch und die Vegetation dementsprechend auch. Hibiskus- und Tomatenpflanzen in der freien Natur, Bananenpalmen und Eukalyptusbäume, es fand sich wirklich alles. Nachdem bei dieser Wanderung bis auf einen alle in den oben erwähnten Bach gefallen waren, zogen wir es dann doch vor, wieder ins Hostal zurückzukehren. Sebi konnte ich noch zu einem Bier auf der Plaza überreden, sodass wir immer noch dort sassen, als die anderen schon geduscht hatten und wir eigentlich essen gehen wollten. Da wurden wir dann auch damit überrascht, dass wir bis 23:30 Uhr im Hostal zurück sein mussten, an Allerheiligen, einem Tag, an dem das ganze Dorf feiert. Das ging natürlich nicht, wir wechselten das Hostal, was das noch zu einem ganz eigenen Abenteuer ausartete (weitere Auskünfte werden nur persönlich erteilt).

Die Plaza in Sorata... unter den Palmen konnte leicht Urlaubsstimmung aufkommen.

Nun waren wir also auch zum Essen schon zu spät dran (typisch bolivianisch), assen dann noch zu weit und genehmigten uns eine gute Flasche bolivianischen Wein. Nachher gings in die einzige Disko, die es im Dorf gab, auf guad boarisch a Bauerndisko. Música folklorica, zu der man im Gegensatz zu Cumbia oder Reggaeton nicht tanzen konnte, wenigsten sahen die Mädchen nicht schlechter aus als in La Paz, was daran gelegen sein könnte, dass fast alle Mädchen in Sorata aus La Paz kamen und hier Urlaub machten...^^ Was die Nacht im Hostal angeht, bitte persönliche Anfragen stellen, wens interessiert^^

Während die anderen am nächsten Tag schon früher abreisten, haben Sebi und ich ausgeschlafen, an der Plaza gut gefrühstückt und haben uns dann auf den Weg zur Gruta San Pedro gemacht. Eine Höhle/Grotte zu Fuss etwa 2 Stunden von Sorata entfernt, mehr wussten auch wir nicht über den Weg und das Ziel, als wir losgingen. Während es am Anfang tropisch regnete (den Regenschirm, den wir uns vm Hostalbesitzer ausgeliehen hatten, vergassen wir irgendwo auf dem Weg), wurde es nach ca. einer Stunde drückend heiss und kaum mehr erträglich. Schlau,wie wir beide waren, hatte keiner daran gedacht, etwas zu trinken mitzunehmen... Immerhin wurden wir durch die beeindruckende Landschaft dafür entschädigt, das war endlich Bolivien und Südamerika, wie ich es mir immer vorgestellt habe...





Nach zweieinhalb Stunden kamen wir endlich an, völlig erschöpft, so dass wir erst einmal ausgiebig beim Kiosk neben der Grotte Pause machten. Die Grotte selbst war nach diesem Weg nicht mehr besonders interessant, immerhin war es im Innern kühl, wir konnten uns entspannen und für den Rückweg rüsten. Der wurde dann allerdings im Taxi zurückgelegt, eine Familie nahm uns mit und verdiente noch gutes Geld mit uns zwei erschöpften Wanderern. Da wir unser Rückfahrticket nach La Paz schon vormittags gekauft hatten, mussten wir uns damit abends nicht mehr stressen, die Rückfahrt war relativ ereignislos, wir schliefen viel und kamen dann gegen 10 Uhr abends wieder am Cementerio an. Apropos Cementerio, Sebi war Sonntagnacht noch in Sorata am Friedhof, weil dort eine riesige Party steigen sollte, was im Klartext bedeutete, dass besoffene Cholitas im Dreck rumlagen und die Besoffenen, die noch stehen konnten, um Mitternacht am Friedhofsvorplatz tanzten. Das sei ihm eher als eine Party von Toten anstatt Lebender vorgekommen, meinte Sebi und damit bekommt Allerheiligen dann wohl auch eine besondere Bedeutung...Nach dem zweistündigen Fussmarsch waren wir ziemlich am Ende...

... und legten erst einmal eine längere Pause ein.


Gut versorgt für die vierstündige Rückfahrt.

Was war sonst noch los in letzter Zeit?
An Halloween bin ich zusammen mit den jüngeren Mädchen und einigen Erzieherinnen nachts noch in die Zona Sur (das Reichenviertel von La Paz) runtergegangen, um um Süssigkeiten zu bitten. Das Ganze wirkte ziemlich planlos und unorganisiert, was es auch war, aber trozdem hatten alle (vor allem die Mädchen) einen Heidenspass dabei.

Ausserdem gabs mal wieder einen Geburtstag zu Feiern (Annelie), hier sind wir gerade beim Brunchen am Sonntagmorgen:

Gestern abend bekam Michael (Projekt Schule auf der Strasse) kurz vor dem Weggehen die sehr erfreuliche Nachricht, dass er heute, am Samstag, um 7 Uhr morgens aufstehen müsse, aus meinem Projekt ist ein Mädchen abgehauen, jetzt hält sie sich bei ihrer alkoholkranken Mutter auf und er ist der einzige, der die Adresse der Eltern kennt. Da es ja hauptsächlich mein Projekt betraf, bin ich nach Rücksprache mit meinem Coordinador auch mitbekommen. Leider war das frühe Aufstehen fast gänzlich umsonst, da niemand zu Hause war oder sie uns einfach auch nicht die Tür aufmachen wollten, immerhin weiss ich jetzt, wo man die Familie finden kann. Auch ein Gespräch mit dem Hausbesitzer, einem Nachbarn und der Besitzerin einer benachbarten Tienda brachte uns nicht weiter. Also fuhren wir nach fast 4 Stunden wieder heim und ich konnte meinen verlorenengegangenen Schlaf nacholen.

Mein Arbeitsplatz, der Hogar Niñas Obrajes.

Auch während der Woche gibt es viel Arbeit, die jetzt auch immer abwechslungsreicher wird. So habe ich ab Mittwoch 6 Stunden im Hospital Arco Iris verbracht, weil sich ein Mädchen beim Volleyballspielen den Daumen verletzt hat und der jetzt stark angeschwollen war. Also gings erst zum Röntgen, dann zur Sozialarbeiterin im Hospital, wo ein (sehr fachkundiger) Arzt beim Anblick der Röntgenbilder meinte, ein Bruch sei es nicht, uns aber riet, doch noch in die traumatologia zu gehen. Also wieder warten... Es war schon kurz vor 7 Uhr, als der Arzt endlich Zeit für uns hatte und dann doch einen Bruch bei Ana feststellte^^ Also wieder warten, Gips an den ganzen Arm und dann konnten wir endlich heimfahren.
Vor zwei Wochen gab es eine grosse fundacionsinterne Taufe, die Kinder und Erwachsenen, die das wollten, konnten sich in der Iglesia San Francisco am Perez taufen lassen. Auch vom Hogar waren einige Mädchen dabei.

Die Mädchen mit Taufpaten und Erzieherinnen nach der Taufe im Hogar.

Letzte Woche hatten wir Taller mit einigen der Mädchen, ich würde es als eine Art Gruppenstunde bezeichnen, ein Spiel am Anfang, dann einen kurzen Film ansehen, den Film besprechen und sich Gedanken darüber machen und zum Abschluss wieder ein Spiel, das ganze mit dem Thema Identität.

Eli (eine unserer beiden Sozialarbeiterinnen) mit den Mädchen beim Besprechen des Films.

Am Freitag war ich dann den ganzen Tag in zwei Schulen unterwegs, um Fotos von einigen unserer Mädchen zu machen, die Tanzveranstaltungen in ihren Schulen hatten. Vormittags tanzte Karina, eine unserer Jüngsten im Colegio Juan Herschel, am Nachmittag dann die Älteren im Colegio Enrique Lindemann. Dazwischen gings noch zweimal zur Defensoria (Jugendamt),um Dokumente über eines unserer Mädchen rauszusuchen.


Karina (3. v.l.) mit ihrer Lehrerin und Klassenkameradinnen nach dem Tanzen.

Bolivianischer Volkstanz im Colegio Lindemann.

Auch morgen gehört der Tag wieder (zum Teil) der Fundacion: Auf einer Feria (Markt) am Prado will die Fundacion mit einer Ausstellung Werbung in eigener Sache machen. Viele Leute hier in der Stadt kennen z. B. das Hospital Arco Iris, während ihnen der Name Fundacion Arco Iris oder einzelne Projekte nichts sagen, obwohl die Hauptarbeit der Fundacion eigentlich in den verschiedenen Projekten verrichtet wird. Auch von unserer Seite (Voluntäre) gibt es diesbezüglich für Weihnachten schon vage Planungen, z.B. ein deutsches Weihnachtskonzert zu veranstalten oder auf dem Weihnachtsmarkt deutsche Plätzchen zu verkaufen.Was wir davon wirklich realisieren können, wird sich zeigen.

Ihr seht also, langweilig wird mir hier ganz sicher nicht, es ist viel los und man ist immer beschäftigt. Die Arbeit macht grossen Spass, auch wenn nicht immer alles so läuft, wie man es sich wünscht und die kleinen Probleme des Alltags auch in Bolivien vorhanden sind.

Auch dieses Internetcafe wird anscheinend immer besser, die Fotos lassen sich jedesmal schneller hochladen, dieses Mal hab ichs auf 3 Stunden geschafft, ein versehentliches PC-Ausschalten, als ich gerade Fotos hochgeladen habe, miteingeschlossen^^

Ich entschuldige mich nochmal, dass ich mit diesem Post so lange auf mich hab warten lassen!
Grüsse an Alle in Deutschland und Danke für eure Kommentare!
Wenn es wieder etwas Neues gibt, lasse ich von mir hören!

¡Hasta luego! Saludos, Fidel